Der Blick in den Spiegel
 

   
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Mit glühenden Wangen wachte er auf. Was sollte er von dieser Verheißung halten? Sein Herz pochte so heftig, dass er seine Hand darauf legte, um es zu beruhigen, was aber nur wenig half. Schlaf fand er nicht mehr, und er brach mit dem ersten Licht des Morgens auf. An einem der vielen Flussläufe zog er ein Kanu aus dem Strauchwerk und benutzte nun Wasserwege, bald an scheinbar schwimmenden Gärten voller Gemüse vorbei. Erste Hütten zeigten sich und bald hatte er die Stadt erreicht, zu der er aufgebrochen war.

Sein Häuptling hatte ihn geschickt, da alles daraufhin deutete, dass er ein großer Krieger, vielleicht auch Priester werden sollte, diese Entscheidung blieb jedoch dem Tempelorakel vorbehalten. Er suchte Zutritt zum Tempelbereich.
Man fragte ihn nach den Träumen der letzten Nacht, und er berichtete genau. Die mit reichem Federschmuck und Tierfellen Gezierten wandten sich die Köpfe zu, der mit dem Jaguarhaupt erhob sich und stampfte mit seinem Kampfspeer auf den Boden, vorauf die Wachen erschienen:
„Ergreift ihn und werft ihn in das sicherste Verlies“, war der Befehl.
Azimatl war verblüfft und wollte nicht glauben, was er gehört:
„Was habe ich Euch getan, dass Ihr so mit mir verfahrt?“ empörte er sich.
„Noch hast Du uns nichts getan und dazu auch nun keine Gelegenheit mehr! Wir fürchten schon seit längerem Dein Kommen, doch dachten wir nicht, Du seiest so dreist, Dich in unsere Mitte zu wagen.“
„Ein Priester oder Krieger gedachte ich zu werden, mit Eurer Hilfe, um das Reich groß und stark zu machen und seinen Ruhm weit zu verbreiten.“
„Bist Du nun sogar so verwegen, es hier bei uns im Tempel unverhohlen zu verkünden, dass Du die Macht an Dich zu reißen gedenkst? Glaubst Du, wir füttern Dich mit unserem Wissen, um von Dir gefressen zu werden? Glaubst Du, die Götter hätten uns nicht vor Dir gewarnt? Die Große Gefiederte Schlange sah lange schon Dein Nahen. Morgen wird Dir zur Mittagszeit das Herz aus der Brust gerissen, damit sich die Götter daran laben können. Denn sei froh, wenn Du jetzt sterben kannst, noch ist Dein Plan nur Absicht und nicht gegraben in Mutter Erden Angesicht. Noch bist Du nicht mehr als ein Traum, der wie ein Windhauch zu den Göttern zurückgeschickt wird, damit sie Dich wieder einatmen können und Du den Schlaf der Toten träumen kannst. Von dort aus wirst Du uns danken und als Deine weisen Väter preisen, Azimatl, der Anfang des Untergang kehrte zurück in den Schoß der großen Mutter und weint vor Glück, was ihm alles erspart blieb. Azimatl, ich frage Dich, bist Du bereit zu sterben und dadurch Ruhm auf Dein Haupt zu sammeln?“

„Was redet Ihr“, rief verbittert der Gefragte. „Ich komme zu Euch, um bescheiden meine Dienste anzubieten, und Ihr heißt mich des Todes? Schauerlich ist Eure Willkür und ungerecht Euer Spruch. In mir schlägt ein Kriegerherz, das kämpft und sich nicht kampflos schlachten lässt. So fahre das Unrecht dort hinein, wo es herausgekommen.“

Mit einem gewaltigen Satz sprang er vor, entriss dem Jaguar den Kampfspeer und rammte ihn in dessen Leib. Schnell stülpte er sich den Jaguarkopf über und schlang das Jaguarfell um die Schulter. Mit wirbelndem Speer verschaffte er sich Raum und schlug sich Bahn zur Pyramidentreppe und war viel schneller unten, als die Wächter sich gefasst hatten. Die große Ehrfurcht vor dem Jaguargott war tief in ihnen verwurzelt, sodass keiner wagte anzugreifen.

 

 
 

 

 

 

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