Vodou-Initiation
 
   
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Vorwort

Was ist Vodou? Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Handelt es sich um eine Religion, um einen Kult, oder gar um schwarze Magie?
In diesem Buch geht es vor allem um den Vodou Haitis, sowie seine Entstehung und Geschichte. Wie sind sein Verhältnis zu anderen Religionen und seine Rolle in der Welt zu sehen?
Der Vodou Haitis und verwandte Formen göttlicher Verehrung wie Candomblé, Macumba, Santeria und weitere Zweige des ursprünglichen Vodou Afrikas werden weltweit von vielen Millionen Menschen ausgeübt. Sie können in ihrer Gesamtheit auch als unbekannte Weltreligion gesehen werden. Ihre Rituale und Zeremonien werden, von Außenstehenden kaum beachtet, in kleinen Tempeln gefeiert. Da keine Missionierung erfolgt, werden Mitmenschen nicht einbezogen, es sei denn, diese haben von sich aus den Wunsch dazu.
Für Vodouisten steht ihr Leben mit allem Anderen in einem untrennbaren Zusammenhang. Die Zeremonien sind eine Hilfe, den in Haiti nicht einfachen Alltag zu bewältigen. Es ist eine Lebenskunst, die den Menschen zeigt, wie sie mit dem Leben zurechtkommen, ja, wie sie von Glück und Zuversicht auch unter schwierigsten Bedingungen erfüllt werden.
Vodou leitet die Menschen zum eigentlichen Ziel ihres Daseins, das darin besteht, sich mit der göttlichen Kraft zu vereinen und zusammen mit den Loa (kursive Worte siehe Glossar) den Alltag zu bewältigen, zur Harmonie zu finden, sich selbst und letztlich den Lebensraum Erde wieder in die Balance zu führen.
Nun werden viele sagen, das ist aber nicht das, was ich mir unter Vodou vorstelle, denn meistens denken die Menschen unseres Kulturkreises, Vodou habe mit unheimlichen Dingen zu tun, die Angst einflössen. Letzteres ist in so weit richtig, als es sich bei Vodou auch um eine Art des Widerstandes und der Befreiung handelt. Widerstand gegen all die Gräuel, die im Verlauf der Kolonialgeschichte knapp einer Million Afrikanern bei der Versklavung und Verschleppung nach Haiti angetan wurden.
Im Vodou und in der Vodoukunst haben sich plastische Antworten heraus geformt, um die Schrecken zu bewältigen, die die geschundenen Sklaven unter Folter und Peitsche der Kolonialisten zu erleiden hatten.
Gepeinigt, erniedrigt und ihrer Umwelt und Kultur beraubt, haben sie mit unbändigem Willen ihre Würde verteidigt, ihre Traditionen bewahrt und weiterentwickelt. Es haben sich im Widerstandskampf Geheimgesellschaften gebildet, in denen Vodou-Priester ihre Schützlinge zum Aufstand ermutigten, die dann, gestärkt durch die Hilfe der Loa, das Unmögliche möglich machten und sich aus dem Klammergriff einer übermächtigen Fremdherrschaft befreiten. Die damalige Weltmacht, das napoleonische Frankreich, wurde zurückgeschlagen, die Ketten der Versklavung abgeschüttelt. Haiti konnte sich als erstes Land unter kolonialer Gewalt 1804 die Unabhängigkeit erstreiten.
Wenn wir die heutige Situation Haitis betrachten, müssen wir feststellen, dass dieses Ringen um Freiheit und Eigenständigkeit noch immer anhält. Unter schwierigsten Bedingungen wie Diktaturen, Besatzungen, Wirbelstürmen, Erdbeben und Fremdbestimmung versucht das haitianische Volk sein kulturelles Erbe und seine Religion zu bewahren.
Ein weiteres Thema in Verbindung mit Vodou ist die Magie oder Zauberei. Landläufig denken viele, bei Vodou ginge es darum, Mittel und Wege zu finden, seine persönlichen Ziele zu erreichen, koste es, was es wolle. Mit sehr viel Energie ist versucht worden, Vodou in diese Ecke zu stellen, besonders von Menschen, die darin Teufelswerk sehen.
Tatsächlich hat Vodou mit Magie zu tun, aber in einem völlig anderen Sinn als allgemein vermutet. Wenden wir uns dem ursprünglichen Wort und seiner Bedeutung in Suaheli zu.
Dort heißt das Wort „magi“: Heilen mit Hilfe der Geister. Damit sind wir bei einer der wichtigsten Aufgaben von Vodou-Priesterinnen und -Priestern  angelangt, dem Heilen, auf geistiger, psychischer und physischer Ebene.
Es geht dabei nicht nur um das Heilen einzelner Personen, sondern auch um das positive Einwirken auf Probleme mit Verstorbenen, um das Auflösen von über Generationen reichenden Familienkonflikten und das Beilegen von Streitigkeiten zwischen Familien und sozialen Gruppen.
Es geht darum, die Loa zu ehren, zu würdigen und auszusöhnen, wegen all der Verletzungen, die der Natur unablässig zu-gefügt werden, denn die Tier- und Pflanzenwelt sind eine Heimstatt der Loa, die mit allen Kräften und Erscheinungen der Schöpfung verbunden sind.
Um den Vodou zu veranschaulichen sind außerdem Schilderungen von Erlebnissen zu finden, die ich während und nach meiner Initiation zum Priester in Haiti machen konnte.

 
     
             

Leseprobe 1

Leseprobe 2

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