Aybobo
 

   
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Phillip wurde am frühen Morgen von erschrockenen Rufen seines Begleiters aus dem Schlaf gerissen. Simon stand sichtlich verstört an der niedrigen Tür.
„Das musst du dir ansehen.“ Er deutete mit einem kurzen Nicken und blassem Gesicht in Richtung der schäbigen Pforte. Phillip quälte sich zerschlagen hoch und sah vor der Schwelle ein merkwürdiges Muster von gekreuzten, verschlungenen Linien, das jemand mit einem gelblichen Pulver gestreut hatte. Außerdem hing der Kopf eines Hahns an einem Ast nahe beim Schuppen. Die Augen stierten blind, und eine spitze Zunge lugte aus dem aufgeklappten Schnabel. Mit dem zerrupften, blutigen Kopf waren zwei verkrümmte Hahnenfüße zu einem unschönen, kleinen Bündel zusammengebunden, zweifellos kein einladender Anblick!
Phillip sah fragend drein und wollte gerade mit nackten Füßen aus dem Schuppen treten, um sich das Ganze genauer zu besehen. Simon riss ihn am Arm zurück:
„Bist du verrückt? Genau das wollen unsere Feinde. Hast du denn noch immer nicht kapiert, was hier gespielt wird? Wenn ich das hier sehe, wird mir klar, was hinter den mysteriösen Unfällen steckt. Ich habe dir doch erzählt, dass ich ein Buch über Zombies gelesen habe.
Darin steht, die Zombiemittel würden auf der Schwelle des Verurteilten ausgestreut. Wenn dann der Betroffene mit der Droge in Berührung kommt und sei es nur mit nackten Füssen, dann ist es um ihn geschehen. Mir ist jetzt klar, dass uns nur ein seidener Faden vom Zustand deines Onkels trennt.“
„Bist du dir wirklich sicher?“ wollte Phillip wissen und deutete in Richtung der verteufelten Linien. „Die Hühner sind da anderer Meinung und halten es für Futter. Oder willst du sagen, dass der Hahn, dessen Reste hier hängen, ein ehemaliger Zombie ist?“
Simon wandte sich wieder der Pforte zu und staunte über das friedliche Federvieh, welches seelenruhig vom gelblichen Pulver pickte. Phillip beugte sich aus der Tür zu den Tieren, die nur wenige Schritte zur Seite machten und ihn schräg beäugten:
„Naiv, wie ich bin, hätte ich jetzt gedacht, die Hühner fräßen Maisschrot. Jedenfalls hat dieses Mehl mit den Substanzen, die ich im Versteck der Geheimgesellschaft gefunden habe, keinerlei Ähnlichkeit.“
Simon schaute verwirrt wie nie, zog sich, immer noch vorsichtig, Schuhe an, bevor er aus der Hütte trat, und beugte sich zum Boden:
„Mir scheint, du hast Recht.“
Er richtete sich auf und kratzte sich am Kopf: „Ich glaube, da ist die Paranoia mit mir durchgegangen.“
Phillip reckte er sich und versuchte, die steifen Muskeln nach einer ungemütlichen Nacht zu lockern. Dabei beobachtete ihn die Alte, die vor der Tür ihrer Hütte auf einem Schemel saß und den Hahn rupfte. Sie grinste mit breitem Mund und ließ dabei ihre gelben Zahnstummel sehen.
Phillip fragte, warum Kopf und Füße des Hahns am Baum hingen. Da lachte die Alte und freute sich, dass sie den Weißen etwas beibringen konnte:
„Gut, um böse Geister zu vertreiben, damit Gäste keine Angst haben müssen.“
Als Phillip Simon den kleinen Dialog übersetzte, kommentierte dieser trocken:
„Bei mir hat der Zauber nicht gewirkt.“

 

 

 

 

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